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Mona Schulzek
Schwerkraft und Gnade 

28. October - 25. November 2023
                                                                                                                
„Durch jede Empfindung hindurch das All empfinden. Was macht es dann aus, ob man Lust oder Schmerz empfindet?“  Simone Weil

„Schwerkraft und Gnade“ nennt die in Düsseldorf lebende, junge Künstlerin Mona Schulzek ihre erste Solo Ausstellung bei nouveaux deuxdeux und zitiert damit den Titel der Textsammlung, in der posthum Auszüge aus den Notizheften von Simone Weil – einer der eigenwilligsten europäischen Denkerinnen des zwanzigsten Jahrhunderts – veröffentlich wurden. Die Künstlerin wählt sich aus gutem Grund Weil, deren Zeilen sich aus kunsthistorischer Perspektive in ihrer Poesie und Klarheit wie Instruktionen oder Scores der Konzeptkunst lesen, zur anachronistischen Dialogpartnerin für ihre Ausstellung, betrachtet man sich Zeilen wie: „Sich mit dem Universum gleichsetzen.“

Tatsächlich verortet die Künstlerin den Menschen immer wieder im Kontext der großen Zusammenhänge. In München wird er nun zum Resonanzkörper im Makrokosmos zwischen Erdinnerem und Weltraum. Das ist für die Besucher*innen nicht nur visuell, sondern auch auditiv und physisch erfahrbar. Ein tiefes Brummen klingt durch die Galerie. Die Soundquellen – zwei Orgelpfeifen – sind leicht zu identifizieren. Sie stammen tatsächlich aus Kirchen, wurden von der Künstlerin aber zusammen mit Orgelbauer*innen modifiziert, sodass sie in ihrer nun figurativen Anmutung mit der Umgebung zu kommunizieren scheinen. Aus den neu aufgesetzten Häuptern tönt eine Frequenz von etwa 16 Hz. Es ist ein Subcontra-C, das im Kontext der Orgelmusik auch als „Demutston“ bezeichnet wird und in etwa die Grenze des für den Menschen Hörbaren markiert. Der Ton, wie alle niederen Frequenzen, resoniert mit dem menschlichen Körper oder vielmehr mit dessen gasgefüllten Hohlräumen. Die Demut tritt also nicht nur auf metaphysischer Ebene ein. Sie ist nicht an Gott gebunden, sondern eine physische Reaktion, denn das kaum Hörbare kann zu körperlichen Sensationen wie Unbehagen oder Angst führen. Schulzek streift damit nicht nur das Unbekannte, den Bereich des Infraschalls – der den größten Säugetieren dieser Erde erlaubt, über große Distanzen hinweg zu kommunizieren – sondern auch den zeitweilen dünnen Grat zwischen Religion, Mystik und Naturwissenschaft. Das mulmige Gefühl, das mittels der Orgelpfeifen hervorgerufen werden kann, gleicht einem der wenigen und bedrohlichen Momente, in denen der Mensch tatsächlich in Kommunikation mit den Kräften der Natur tritt: In ähnlicher Frequenz bringen nämlich auch Erdbeben, Vulkanausbrüche oder Meteoriteneinschläge die Erde zum Tönen. „Spitting off the Edge of the World“ (2023) heißt die Installation demnach, die Schulzek Mitte des Jahre als Abschlussarbeit an der Kunstakademie in Düsseldorf präsentiert und nun für nouveaux deuxdeux angepasst hat – in Gitterstrukturen eingefasste Orgelpfeifen, spucken Töne aus, die nichts weniger als den Weltuntergang bedeuten könnten.

Auch mit der etwa zeitgleich entstandenen Werkserie „Atmosphere ≠ Totality“ (2023) richtet die Künstlerin den Fokus auf die verschiedenen Sphären, die die menschliche Existenz rahmen.
In Dioramen, wie die Künstlerin die einzelnen Arbeiten der Serie nennt, werden Relikte aus dem Erdinneren und dem Weltall in metallenen Halterungen wie im Flug gefasst und mit Schrauben festgehalten. Es sind Brocken erstarrter Lava und Fragmente von Meteoriten, die hier als Repräsentant*innen fremder Welten auftreten. Schulzek begann während eines Aufenthaltes in Island, dieses Gestein zu sammeln oder zu erwerben – wesentlich getrieben vom Bewusstsein, dass diese Exponate die Erdkruste oder die Erdatmosphäre durchbrochen haben und damit nicht zuletzt an deren Porosität erinnern. Die Schichten, durch die das Gestein auf die Erdoberfläche kam, finden ihre formale Entsprechung in den Dioramen schließlich in den Edelstahl- und Milchglasplatten. Das bedeuten auch die abstrakten Visualisierungen der irdischen Atmosphäre, die auf dem Metall zu erkennen sind.

Die Beziehung und Verbindung des Menschen zu Welt und Kosmos ist eines der vordergründigen Themen in dem sehr kohärenten jungen Werk von Mona Schulzek. Der Weltraum und damit verbundene Phänomene, die in anderen eher Angst hervorrufen – wie die Vorstellung einer unendlichen Weite, das Tiefschwarz, das Unbekannte – faszinieren die Künstlerin seit ihrer Kindheit. In ihrer Praxis kommt das immer wieder, auch auf humorvolle Weise zum Ausdruck. Die Arbeiten „Ottomane (Cosmos)“ (2016) und „Wormhole“ (2019) widmen sich mit Metaphern aus dem menschlichen Alltag dem Phänomen der Schwerelosigkeit und Wurmlöchern. In späteren Arbeiten rückt die Künstlerin vom Irdischen ab und konzentriert sich auf die Kommunikation mit außerirdischen, intelligenten Lebewesen – nicht ohne dabei die Ästhetik und Euphorie aus der Pionierzeit dieser wissenschaftlichen Aktivitäten in den 1970er Jahren wieder aufleben zu lassen. Wie zu Zeiten des US-amerikanischen Astronomen, Astrophysikers und Exobiologen Carl Sagan hat Schulzek mit „Plaques (OST)“ (2021) und „Plaques (IAÄ)“ (2022) mit Nachrichten versehene Plaketten entwickelt, die an Raumsonden ins All fliegen könnten. Mit „Extraterrestrial Alphabet“ (2021) hat sie eine Sprache entworfen, um mit Außerirdischen zu kommunizieren und schließlich mit „Outer Space Transmitter“ (2021) selbst eine Radiostation konstruiert, die sie nach Absolvieren eines Funkscheins in Betrieb nehmen darf, um ihre Kunst in den Weltraum zu senden.

                                                                                                                                                    - Text von Lydia Korndörfer


Mona Schulzek, geboren 1992 in Moers, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Als Meisterschülerin von Gregor Schneider hat sie 2023 ihr Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf abgeschlossen. Sie wurde bereits mit mehreren Preisen und Stipendien ausgezeichnet, wie zuletzt  2023 mit dem renommierten Kunstpreis „junger westen“. Ihre Arbeiten wurden in renommierten Institutionen wie beispielsweise dem  Museum Insel Hombroich (Raketenstation), Museum Kunstpalast Düsseldorf, dem Künstlerhaus Dortmund, dem Kunsthaus Graz, dem Sprengel Museum Hannover oder dem Museum für Angewandte Kunst in Köln ausgestellt.
Sie ist in den Sammlungen des Kunstmuseum Bochum und des Max Ernst Museums vertreten.
 












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